Der Podcast der Österreichischen Energieagentur
S04E05_Preisdeckel_Teil2_mixdown_v4.mp3
Karina Knaus [00: 00:06] Man könnte immer sagen, man macht unendliche Subventionen und man setzt die Energiepreise beliebig billig. Aber trotzdem, wir sind in einer sehr verknappten Situation an den Energiemärkten. Das betrifft Energieträger. Das heißt, dieses Signal muss zumindest über gewisse Verbräuche hinaus irgendwo erhalten bleiben, um zu signalisieren: Ja, es ist knapp und eine künstliche Erhöhung dann der Nachfrage, das ist wirklich das Letzte, was wir jetzt brauchen können.
Christoph Dolna-Gruber [00: 00:39] So, wir sind wieder zurück - zweiter Teil. Es geht um die Energiepreiskrise 2022. Wir haben festgestellt, die Preise im Strom- und Gasmarkt sind gestiegen, sowohl im Großhandel als auch im Endkunden:innen Markt. Und das hat Auswirkungen. Wir schauen uns jetzt im zweiten Teil an, was man denn da machen kann, um das abzufedern oder strukturell auch zu verändern, damit die Energiepreiskrise nicht auch zu einer sozialen Krise wird. Noch mal kurz zum Aufwärmen. Strom und Gas haben wir gesagt, sind die Preise gestiegen - Karina: gibt es dieses Phänomen auch bei anderen Energieträgern?
Karina Knaus [00: 01:25] Ja, also die, die Energiepreise sind, ich sage mal durch durch die Bank sozusagen gestiegen. Also weil wir auch schon viel über die Merit Order gesprochen haben. Jetzt zum Beispiel nur die Gaskraftwerke herauszulösen, das würde eigentlich überhaupt nichts bringen.Da hätte man genau so hohe Strompreise fast noch, weil beispielsweise auch die Kohlepreise so stark gestiegen sind. Jeder sieht an der Zapfsäule, die Treibstoffpreise sind gestiegen. Fernwärme - jeder Energieträger kennt eigentlich im Moment nur eine Richtung. Und das ist eben nach oben. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Energieträger einerseits untereinander eben vermescht sind. Ich brauch die Kohle und das Gas zur Stromerzeugung. Und so weiter. Und das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die auch volkswirtschaftliche, ja ich sage mal Indikatoren, aber einfach in der Volkswirtschaft nimmt Energie einen ganz zentralen Stellenwert ein, weil es gibt kein Produkt und keine Dienstleistung, die wir produzieren oder konsumieren können, die nicht auf irgend eine Art und Weise Energie benötigt. Und deshalb ist es auch hier alles sehr, sehr vermescht. Vor allem, wenn wir in einer Situation sind, wo eigentlich das System irgendwo schon gekippt ist.
Christoph Dolna-Gruber [00: 02:38] Das heißt also, dieses vermeschtt sein heißt auch, dass die Energie ein sehr hoher, starker Treiber der Inflation ist.
Karina Knaus [00: 02:47] Ja, genau. Das ist sicher das eine. Was du schon erwähnt hast ist einerseits: die Energiekrise darf keine soziale Krise werden, weil wir jetzt einfach bei den Preisen in Größenordnungen sind, die ja für viele Haushalte dann ein Riesenthema werden oder schon sind. Und das zweite, was jetzt natürlich, auch als Volkswirtin mir wirklich große Sorgen macht, ist das Thema Inflation, weil letztendlich die Energiepreise dann eben sich jetzt und das sehen wir eigentlich so noch gar nicht in der Inflation, das sich eben nach und nach bei allen Produkten und Dienstleistungen auswirken. Und da die inflationäre Wirkung einfach sehr, sehr stark ist, vor allem, wenn wir von diesen Größenordnungen reden, von denen wir jetzt reden.
Christoph Dolna-Gruber [00: 03:36] Die sich dann natürlich auch auf Nahrungsmittel, Lebensmittel durchschlägt.
Karina Knaus [00: 03:41] Alles.
Christoph Dolna-Gruber [00: 03:41] Auch da gibt es Knappheiten, die zusammenhängen mit der Ukraine, mit dem Krieg in der Ukraine, an Getreide und Mais. Auf das gehen wir gar nicht näher ein. Gut. Okay. Machen wir einen Strich. Wir stellen fest, die Preise steigen überall. Was kann man jetzt prinzipiell machen, um die Folgen dieser Preiskrise abzudämpfen?
Karina Knaus [00: 04:07] Ich fange jetzt mit den allgemeinen Dingen an und übergebe dann für Details an den Christian. Also ich meine grundsätzlich, wenn man ein bisschen Zeit hätte oder hat, dann ist es eigentlich relativ klar. Energieeffizienz und Erneuerbare. Ich meine, und das wissen wir eigentlich schon sehr, sehr lange. Also wenn wir jetzt in unserer eigenen Geschichte der Österreichischen Energieagentur zurückgehen - Ich meine, die einzige Situation im Energiebereich, die zu dem, was wir jetzt haben, ein bisschen ähnelt, ist wahrscheinlich die Ölkrise der 70er Jahre. Und genau in dieser Phase wurde eigentlich die Österreichische Energieagentur gegründet, vor über 40 Jahren. Und was sind die zwei Dinge, die wir in unseren Statuten groß drinnen stehen haben? Energieeffizienz und Erneuerbare.
Christoph Dolna-Gruber [00: 04:54] Ja.
Karina Knaus [00: 04:55] Das war Ende der 70er, so....
Christoph Dolna-Gruber [00: 04:59] Jetzt kann man eigentlich sagen, dass wir unseren Auftrag von damals mehr oder weniger gut erfüllt haben [lacht]....
Karina Knaus [00: 05:08] Ja, gut, wir sind natürlich auch nur nur ein, sozusagen, Rädchen. Mit 70 oder 80 Leuten. Aber wie gesagt, diese grobe Richtung sozusagen, die ist noch immer da. Eben kann man natürlich jetzt mit einem weinenden Auge sehen oder mit vielen weinenden Augen. Andererseits, ich sehe es nicht ganz so nur pessimistisch, weil es einfach tatsächlich so ist, dass wir in vielen Bereichen jetzt Lösungen haben, die quasi umgesetzt werden oder in Umsetzung sind, die wir in den 70er Jahren sicher noch nicht gekannt haben. Also von Stichwort Wärmepumpen und Geothermie, etc.
Christoph Dolna-Gruber [00: 05:48] Photovoltaik die Klassiker.
Karina Knaus [00: 05:50] Ja, genau. Also da gibt es einfach ganz, ganz viele Dinge, die uns damals einfach wie technisch noch nicht zur Verfügung gestanden sind. Aber und deswegen, wie gesagt, ich glaube, da wird sich in den nächsten Jahren noch ganz, ganz viel tun. Die Preise sind ja auch letztendlich ein riesen Anreiz für Energieeffizienz und Erneuerbare. Also wir wissen es auch, dort wo wir mit Unternehmen zusammenarbeiten, dass hier wirklich jetzt viel umgestellt wird, ja, umgerüstet wird auf andere Energieträger. Auch bei den Haushalten wissen wir: es gibt so viele Anträge für Energieberatungen für Förderungen wie noch nie. Also vervielfacht. Wirklich im Sinne von die Anzahl von Anfragen, Anträgen in einem Monat, die es sonst in einem Jahr gibt. Das ist das Skale. Also ich glaube, da wird sich was tun. Aber, tatsächlich ist das etwas, was Zeit braucht. Vor allem auch in einem verknappten Markt. Es ist jetzt nicht leicht im Moment eine PV zu montieren oder ein Heizungssystem zu tauschen oder auch für für Industrieunternehmen Großanlagen jetzt aufzustellen. Das heißt dieser Kosten-Schock der jetzt unmittelbar da ist, da braucht es dann auch zusätzlich noch etwas. Und da kommen wir in den Bereich dann der Interventionen, dass man versucht den irgendwie gegenzusteuern, um diesen Kostenschock für Haushalte und Unternehmen bestmöglich abzufedern.
Christoph Dolna-Gruber [00: 07:20] Ja. Ich mein, es mag manchmal ein bisschen der Eindruck entstehen, dass da jetzt wenig weitergeht, was PV, Heizungenumstellungen betrifft. Aber der Schein trügt natürlich. Es gibt aktuell ein, wie du gesagt hast, ein enormes Interesse, aus Gas auszusteigen, Photovoltaikanlagen zu installieren und dieses enorme Interesse trifft halt auf einen Markt - ein Angebot, das sich aus dem üblichen Angebot der letzten Jahre ergeben hat. Und dieser Markt kann kurzfristig einfach nicht mehr hergeben. Weil es nicht mehr PV Planer gibt, weil es nicht mehr Monteure gibt, weil es nicht mehr Installateure gibt. Aber es passiert trotzdem so viel, wie noch nie passiert ist. Und diese Kapazitäten werden auch nachziehen müssen. Und da wird sicher auch einiges passieren müssen, damit der Markt da mehr hergeben kann. Aber nichtsdestotrotz kann man auch in seinem Verhalten energieeffizient sein. Das heißt man ist da nicht machtlos, sondern kann auch jetzt schon genau darauf schauen, wo man Energie verbraucht und ob es sinnvoll ist. Die indivuduellen Handlungsspielräume sind da natürlich unterschiedlich. Aber ich glaube, es geht bei jedem noch bissl was, das heißt, da kann man auch selbst tätig werden. Aber wir sprechen ja jetzt über den dritten Punkt, den du gesagt hast, neben den No Regret Geschichten Energieeffizienz und Erneuerbare, nämlich die Interventionen. Ich glaube, wir haben das in dem, was wir bisher schon ausgebreitet haben, klar gemacht, dass man da unterscheiden muss bei den Interventionen, ob man diese Interventionen jetzt im Großhandel, also im Börse, beispielsweise beim Verkauf von einem Unternehmen an ein anderes Unternehmen setzt oder im Endkund:innen Markt. Das ist die wesentlichste Unterscheidung, die es da gibt. Und wir schauen uns zuerst die erste Seite an, nämlich den Großhandel. Christian, kannst du uns bitte einen Überblick geben? Und wir sind jetzt mal bei Strom. Welche Möglichkeiten der Interventionen gibt es denn da im Großhandel?
Christian Furtwängler [00: 09:43] Tatsächlich ist da die Anzahl der verschiedenen Interventionsmöglichkeiten in den letzten Wochen rapide angestiegen, hat man das Gefühl, da sehr, sehr viele Ideen zirkuliert werden von verschiedensten Seiten. Man könnte sagen, es gibt mehr Deckel als Töpfe, aber es gibt sicherlich ein paar, die besonders dominant sind in dieser Diskussion. Und da würde ich jetzt einmal sehen, das sogenannte iberische Modell, das häufig genannt wird, es gibt, gab die Bewegung vor ein paar Wochen, das Schweizer Modell, sich zu überlegen. Es gibt verschiedene Überlegungen in den Preisbildungsmechanismus selbst einzugreifen. Also in dieses Pay as Clear, das wir vorhin schon erwähnt hatten, und das durch ein anderes system zu ersetzen, dass nicht mehr das letzte Kraftwerk den Preis setzt. Und ja, prinzipiell auch radikalere Ideen, die langsam so ein bisschen, was heißt radikal, aber zumindest fundamental, andere Ideen, die nicht eine einfache Intervention sind, sondern eher eine Marktumgestaltung, die sich jetzt immer mehr bahn brechen, die dann auch nicht nur temporär wären. Eben das wären das sogenannte griechische Modell, auf das ich dann gleich noch ein bisschen eingehen kann.
Christoph Dolna-Gruber [00: 10:57] Das wäre ja mit einer fundamentalen Änderung verbunden.
Christian Furtwängler [00: 10:59] Das wäre mit einer fundamentale Änderung verbunden. Es ist quasi ein Reformvorschlag für den gesamten europäischen Energiemarkt, der da vorgebracht wurde. Und es gibt natürlich die Möglichkeit, das Rad ein stückweit zurückzudrehen und wieder in eine stärker regulierte Welt quasi sich zurück zu bewegen. Das wäre auch noch eine weitere Option, die wahrscheinlich auf dem Tisch liegt.
Christoph Dolna-Gruber [00: 11:24] Schauen wir die einzelnen Modelle a bissl durch.
Christian Furtwängler [00: 11:27] Genau. Ich versuche es ein bisschen strukturiert zu machen. Ich fange mal mit dem an, das es tatsächlich schon gibt. Und das ist das sogenannte iberische Modell. Das wurde Mitte Juni in Portugal und Spanien implementiert und der Grundgedanke hier ist tatsächlich direkt bei der Merit Order anzusetzen. Dazu muss man wissen, die Spanier und die Portugiesen, die haben sehr ähnliche Erzeugungs Mixe, das heißt sie haben sehr viel Erneuerbare tatsächlich. Also Wind, Wasser, tatsächlich auch PV und sie haben Kernkraft. Das sind alles Grenzkosten, technisch günstige Technologien, die einen großen Anteil am Gesamt Erzeugungs Mix ausmachen. Tatsächlich. Und dann haben sie aber auch relativ viele Gaskraftwerke, die sie teilweise für KWK benutzen, aber auch sonstige Spitzenlastkraftwerke, die häufig den Preis setzen, tatsächlich. Auch noch vor Einsetzen ihres Modells quasi schon den Preis gesetzt haben. Und es gibt vergleichsweise wenig wenig Kohle. Aber auch das gibt es. Der Gedanke, der in diesem Modell verfolgt wird, ist quasi, den Gas- und den Strompreis radikal zu entkoppeln. Das heißt, der Gaspreis darf steigen, wohin er will, der Strompreis soll es nicht. Wie wird das implementiert? Es wird ein Preis Abschlag vorgegeben. Das wurde gesetzlich vorgegeben, den alle fossilen Erzeuger, das heißt Gas, Kohle und ein paar Zerquetschte. Ich glaube es gibt auch noch ein paar Öl Kraftwerke. Alle pauschal auf ihre Gebote mit einbeziehen müssen. Das heißt es wird vom zentralen Gasmarkt Betreiber mit Gas jeden Tag ein Gaspreis zentral für Spanien herausgegeben und auf Basis dieses Preises und einer Berechnungsformel wird ein Abschlag auf das Preis Gebot für den Stromhandel berechnet. Und das gilt für alle Kraftwerke gleichermaßen, die fossile Brennstoffe benutzen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 13:35] Je höher der tatsächliche Gaspreis, umso größer auch der Abschlag.
Christian Furtwängler [00: 13:39] Genau.
Christoph Dolna-Gruber [00: 13:42] ... um schlussendlich bei einem gewissen Wert zu landen.
Christian Furtwängler [00: 13:45] Genau das ist so austariert, dass ein durchschnittliches Kraftwerk mit einer Effizienz von 55 % also das ist zumindest die Annahme in diesem Modell, dass das im Prinzip so bietet, als hätte es einen Brennstoff Preis von 40 € pro Megawattstunde, also Erdgas oder Kohle oder whatever.
Christoph Dolna-Gruber [00: 14:08] Und du hast zuerst gesagt, so 150, 200 bis zu 200 € ist der tatsächliche Gaspreis im Spotmarkt.
Christian Furtwängler [00: 14:20] In Spanien ist er tatsächlich momentan etwas niedriger noch, weil Spanien sehr stark noch LNG zusätzliche Kapazitäten hat. Das liegt er jetzt glaube ich gerade zwischen 120 und 140, wenn ich mich recht entsinne. Aber im Kern ja. Also das heißt man drittel den Preis, wenn man von 120 jetzt mal ausgehen würde auf 40 momentan und quasi alle stromerzeugenden Anlagen bieten, so als hätten sie gerade einen Gaspreis von 40 € vorliegen. Alle fossilen, also alle Gaskraftwerke und alle Kohlekraftwerke tun so, als wären sie ein Gaskraftwerk. Genau. Und das hat den Vorteil. Warum denkt man, warum müssen wir die Kohlekraftwerke mitmachen? Das hat den Vorteil, dass sich die Merit Order dadurch nicht verschiebt. Das heißt, die Reihenfolge der Kraftwerke, der fossilen Kraftwerke bleibt gleich und auch der davor natürlich. Das heißt, die ganze Angebots Kurve wird einfach gestaucht. So kann man sich das vorstellen. Es wird einfach um einen fixen Abschlag niedriger, der rechte Teil der Merit Order und so kommen einfach unterm Strich günstigere Strompreise heraus.
Christoph Dolna-Gruber [00: 15:26] Was würde passieren, wenn man die Kohle und Öl Kraftwerke dann nicht dazu gibt?
Christian Furtwängler [00: 15:31] Dann würde Gas tendenziell günstiger werden als diese Kohle und Öl Kraftwerke. Und das wäre natürlich eher unintuitiv in einem Moment, in dem man sehr wenig Gas zur Verfügung hat, dass man da diese Gas Produktion weiter hochtreibt.
Karina Knaus [00: 15:49] Unintuitiv ist die Untertreibung des Jahres!
Christian Furtwängler [00: 15:51] Genau.
Christoph Dolna-Gruber [00: 15:52] Das heißt, es würden starke Anreize gesetzt werden, dass mehr Strom mit Gaskraftwerken produziert würden, weil die ja billiger sind als die Kohle und Öl Kraftwerken.
Karina Knaus [00: 16:02] Genau, die rennen dann immer und verdrängen die Kohle, was in der Situation der Gas-Knappheit ja unintuitiv wäre. Und, ich glaube, der Preiseffekt wäre dann eigentlich auch hinüber, oder überwiegend halt.
Christian Furtwängler [00: 16:18] Genau, wenn halt dann doch die die Kohle den Preis setzen würde, wäre der Preis halt doch wieder so hoch wie er vorher war. Ja genau. Also wobei man sagen muss, wenn wir jetzt über Gasproduktion reden, also Strom aus Gas, da hat das trotzdem gewisse, ja Nachfrage quasi erhaltende Effekte, weil natürlich Spanien auch, zwar nicht sehr, aber dennoch auch mit dem restlichen europäischen Festland verbunden ist. Das heißt, dieser subventionierte Strom, der fließt natürlich dann über die Grenz-Kapazitäten auch nach Frankreich.
Christoph Dolna-Gruber [00: 16:57] Die sie ja bitter nötig haben.
Christian Furtwängler [00: 16:58] Die es bitter nötig haben. Also es ist in dem Fall vielleicht gar kein ungewünschte Effekt im engeren Sinne, aber es lässt sich trotzdem festhalten, dass es eine gewisse Steigerung der Produktion aus Gaskraftwerken in Spanien und Portugal gegeben hat, seitdem diese Intervention stattfindet. Man kann aber auch gleichzeitig sagen, dass das vielleicht, wenn man jetzt von der allgemeinen Versorgungssicherheit Situation argumentiert, nicht so schlimm ist, da Spanien kein Gas aus Russland bezogen hat, auch vor diesem Jahr schon, sondern sein Gas hauptsächlich aus Nordafrika bezieht und über LNG Terminals. Preis-Technisch kann man natürlich sagen, ist das vielleicht dann doch nicht so gut, weil es natürlich den Gaspreis auch ein bisschen nach oben treibt.
Christoph Dolna-Gruber [00: 17:39] Ja, weil wir dieses LNG, das mehr verbraucht wird, ja eigentlich auch gerne hätten, in Europa kaufen könnten. Also Kapazitäten und alles vorausgesetzt. Okay. Welche Effekte hat diese Intervention auf den Strompreis im Großhandel gehabt.
Christian Furtwängler [00: 18:02] Also tatsächlich auf den Strompreis im Großhandel, den man auch von außen sehen kann, sogar sehr signifikante Effekte. Man sieht, wenn man sich die Preis Kurve vom Juni anschaut, beim Tag der Einführung dieses iberischen Modells, einen starken Abfallen, starken Knick quasi. Wobei die Preise, ja die Preissystematik, dass die Form der Kurve ähnlich ist, aber sie ist halt um 80 € in dem Moment runtergefallen. Vereinfacht gesagt, und das ist im Prinzip danach auch nicht mehr hochgegangen. Das heißt, bis heute haben wir da jetzt Strompreise, die im Bereich 150 bis 200 meistens liegen. Das heißt, auf den Strompreis hatte das auf jeden Fall den gewünschten Effekt, wenn man jetzt vom Großhandelspreis alleine ausgeht. Man muss sich allerdings natürlich die Frage stellen: Wo kommt denn dieses Geld her, das für diesen Preisaufschlag benötigt wird? Denn diese Kraftwerke, die wollen ja nicht einfach ihren Strom günstiger verkaufen, als sie eigentlich Kosten haben.
Christoph Dolna-Gruber [00: 19:01] Weil sie ja trotzdem das Gas teurer einkaufen müssen.
Christian Furtwängler [00: 19:03] Genau deswegen werden die quasi subventioniert, das heißt diesen Betrag, diesen Preisabschlag bekommen sie wieder vom Marktbetreiber und der legt das quasi instantan auf die gesamte Nachfrageseite des Marktes um. Das heißt, es ist ein Umlagesystem, das da greift. Das heißt, die effektiven Netto Strompreise liegen tatsächlich höher als die Großhandelspreise, die wir jetzt quasi auf irgendwelchen Plattformen sehen, eben weil diese Umlage noch mit einbezogen werden muss.
Christoph Dolna-Gruber [00: 19:34] Okay.
Christian Furtwängler [00: 19:35] Und da gibt es auch erste Abschätzungen der spanischen Regierung, was die Effekte sind. Für die 2. Juni Hälfte gab es da zum Beispiel eine Veröffentlichung und da war dann der Reduktions-Effekt bei den Spotpreisen lag bei 47 %. Aber die Reduktion der Netto Preise, wenn man diese Umlage mit einbezieht, waren dann nur noch 14 %. Aber es war eine doch deutliche Reduktion.
Christoph Dolna-Gruber [00: 20:01] Okay. Spannend. Wieso funktioniert das in Spanien? Könnte Österreich das auch machen?
Christian Furtwängler [00: 20:10] Also das kann ich tatsächlich einfach beantworten. Wenn Österreich das alleine machen würde, würde wahrscheinlich überhaupt kein positiver Effekt eintreten. Und das liegt einfach daran, dass Österreich sehr sehr viele Übertragungs-Kapazitäten zu seinen ganzen Nachbarn hat. Also wir haben das ja mal ausgerechnet. Also wenn man jetzt die gesamte Transportkapazität in andere Länder ins Verhältnis setzen würde zur Durchschnittslast die Österreich hat...
Christoph Dolna-Gruber [00: 20:36] ...Sprich zum Verbrauch...
Christian Furtwängler [00: 20:37] Sprich zum Verbrauch, dann wäre das ein Faktor von über eins. Das heißt, man hat quasi mehr Transportkapazitäten als man selbst Energie verbraucht. Das heißt also im Vergleich dazu hat, die iberische Halbinsel hat ja nur eine Schnittstelle zu Frankreich. Und wenn man da dieselbe Rechnung macht, dann sind es 3,5 % quasi, die da an dieser Grenze nur zur Verfügung stehen. Und das heißt, alles, was in Österreich entsprechend gemacht würde, das würde in diesem Moment dann noch ins Ausland, quasi als günstiger Export ausfließen. Der das Preis setzende Kraftwerk wäre wahrscheinlich dann irgendein Kohle oder Gaskraftwerk zum Beispiel aus Deutschland. Und der Preis Effekt wäre zumindest sehr eingeschränkt. Also man würde die Preisentwicklung der Nachbarländer, der würde man nicht entkommen.
Karina Knaus [00: 21:26] Und unsere Gaskraftwerke würden am Anschlag laufen, weil sie so wettbewerbsfähig sind. Und, da könnte man sagen: nagut dann machen wir Exportverbot quasi. Aber da muss man dazu sagen, dass der iberische Mechanismus, der musste ja auch von der Kommission genehmigt werden, weil es eigentlich ein Markteingriff ist und da war die Auflage, dass der nur genehmigt wird, wenn aber sonst quasi die anderen Mitgliedsstaaten, wie haben Sie es genannt?
Christoph Dolna-Gruber [00: 21:51] Diskirminierungsfrei.....
Karina Knaus [00: 21:54] ...genau es darf kein Exportverbot zum Beispiel nach Frankreich geben. Also Spanien muss damit leben, dass ein Teil dieser Subventionen letztendlich indirekt auch den französischen Endkunden zugute kommt.
Christoph Dolna-Gruber [00: 22:07] Oder der EDF, weil die eh einen regulierten Tarif haben.
Karina Knaus [00: 22:10] Genau,... Aber dort mit den 2500 MW, die die eben haben, Kapazität ist das kein Thema, während in Österreich, wie gesagt, es würde einfach alles ins Ausland gehen und der Preiseffekt bei uns wäre aber vernachlässigbar, wenn man das eins zu eins so umsetzt.
Christoph Dolna-Gruber [00: 22:27] Okay, ein wichtiger, wichtiger, wichtiger Punkt. Das heißt aber, dass man das im europäischen Gleichklang, zumindest wollte man das iberische Modell ausrollen auf ganz Europa, im Gleichklang mit den stark integrierten verbundenen Ländern, Preiszonen in Kontinentaleuropa oder im Resteuropa machen müsste.
Christian Furtwängler [00: 22:50] Genau. Also richtig effizient wird dieses System nur, wenn am besten alle oder zumindest fast alle mitmachen würden, die da stark miteinander verbunden sind. Man hätte immer natürlich eine gewisse Verlustsituation an der Außengrenze einer solchen Region. Also wenn da der Markt weiter besteht wie vorher, dass man dann quasi Gas Überproduktion innerhalb dieses dieses Systems hätte und nach draußen immer noch günstigen Strom exportieren würde, aber außerhalb einer gewissen Kernregion von Europa wäre das dann ein abnehmender Effekt? Also ja.
Christoph Dolna-Gruber [00: 23:27] Okay, jetzt habe ich noch eine Frage. Dieser Abschlag in Spanien, Portugal wird täglich veröffentlicht. Der orientiert sich am tatsächlichen Gaspreis für diesen Tag, sagen wir jetzt einmal. Was ist jetzt, wenn ein mit Gas produzierender Stromerzeuger das Gas eigentlich billiger einkaufen kann? Oder was ist, wenn er eigentlich das Gas teurer kauft als dieser angenommene Marktpreis?
Karina Knaus [00: 24:03] Naja, wenn er es teurer kauft, dann wäre man ja nicht im Markt sozusagen, außer er ist dann der Letzte.
Christian Furtwängler [00: 24:10] Genau dann steht da weiter hinten der Merit-Order und wird vermutlich gar nicht gezogen.
Karina Knaus [00: 24:16] Und billiger, also das jemand es schafft, derzeit Gaspreise von unter 40 € pro MWh....
Christian Furtwängler [00: 24:22] ....also das ist unwahrscheinlich. Genau. Und also wäre dann auch kein ungewollter Effekt in dem Sinne.
Karina Knaus [00: 24:29] Beziehungsweise ist dann die Frage: Wenn du so billig kaufst, wo du mehr Marge hast, wenn du verkaufst, am Gasmarkt? Also wenn ich 40 € Gas eingekauft habe, dann verkaufe ich jetzt um € 200 und muss nichts produzieren. Also da ziehe ich mich zurück.
Christoph Dolna-Gruber [00: 24:46] Also, ich fasse zusammen: Iberisches Modell funktioniert, hat durchaus aber leicht erhöhten Verbrauch an Gas gezeigt. Das heißt, Gaskraftwerke laufen öfters. Wäre isoliert für Österreich keine Option. Aber als weiter gefasste europäische Intervention durchaus denkbar.
Karina Knaus [00: 25:14] Ja, wobei man trotzdem dieses Umlageverfahren nicht vergessen darf. Mit den 47 % Großhandel versus 14 % tatsächlich dann beim Preis, weil es eben auch nur mit einer gewissen erzeugen Struktur funktioniert eigentlich. Ein Land, das hauptsächlich zum Beispiel aus thermischen Kraftwerken erzeugt - wenn die ein Umlageverfahren haben, dann wäre der Effekt null, weil es ja nur funktioniert, weil du einen Teil subventioniert und den aber auf die gesamte Menge umlegst. Und das wird nicht funktionieren für ein Land und die gibt es ja auch in Europa,..
Christian Furtwängler [00: 25:47] Polen, Italien beispielsweise auch....
Karina Knaus [00: 25:49] ...Beispielsweise, ... Wenn du eben überwiegend thermische Kapazitäten hast, dann ist ja die Menge, auf die du umlegen kannst, nicht groß genug im Verhältnis zu den Kosten, die du hast. Das muss man sich tatsächlich europaweit anschauen mit, natürlich, den Verteilungseffekten, weil ein Land in dem es keinen Effekt hat, hat wahrscheinlich wenig Interesse das auch zu tun. Weil dann ist es linke Tasche, rechte Tasche.
Christian Furtwängler [00: 26:12] Das würde dann lieber einen anderen Interventionsmechanismus fahren, zum beispiel.
Christoph Dolna-Gruber [00: 26:16] Okay, aber dann ja vielleicht das Schweizer Modell.
Christian Furtwängler [00: 26:20] Ja, das Schweizer Modell ist tatsächlich ja interessant, das tatsächlich jetzt als besonders vorteilhaftes Modell ins Spiel gebracht wurde in jüngerer Vergangenheit. Das Schweizer Modell ist ja eigentlich quasi eine abgespeckte Version des liberalisierten Strommarktes. Das heisst, es gibt nur für Unternehmen oder für Kunden über einer gewissen Nachfrage Größe die Möglichkeit, am Großhandel teilzunehmen und alles, was unterhalb dieser Nachfragegröße liegt, das hat keinen freien Stromlieferanten, den es wählen kann, sondern das muss mit dem lokalen Stromlieferanten vorlieb nehmen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 26:59] bzw. dem Netzbetreiber, ja.
Christian Furtwängler [00: 27:00] Das ist quasi das alte System noch. Also es ist tatsächlich sehr ausdifferenziert in der Schweiz. Es gibt sehr viele verschiedene Netzbetreiber und Netzregionen. Das hat auch was mit der Geografie natürlich zu tun, aber tatsächlich quasi hat dann keiner mehr die freie Wahl, seinen Lieferanten zu wählen, sondern kriegt genau den Tarif seines Netzbetreibers. Und der funktioniert noch so, wie es in Österreich oder auch in Deutschland früher war, auf Basis der Strom-Gestehungsvollkosten. Das heißt, wer günstige Kraftwerke in seinem Netzgebiet hat, der zahlt einen günstigeren Preis. Und wer teurere Kraftwerke hat, der zahlt einen teureren Preis.
Christoph Dolna-Gruber [00: 27:41] Das schwankt tatsächlich dann zwischen 8 und 28 Rappen pro Kilowattstunde. Man kann das zirka eins zu eins umrechnen auf Eurocent. Das ist zwischen acht und 0,28 € pro kWh, je nachdem, in welchem Netz Gebiet man tatsächlich wohnt. Diese Preise werden festgesetzt von einer Kommission. Elcom heißt die, glaube ich, dort. Das heißt, diese 8 und 28 sind vor dem angepassten neuen Preis. Die werden deutlich erhöht noch. Ist angekündigt zumindest. Ja.
Karina Knaus [00: 28:18] Genau. Das benachteiligt natürlich die Regionen, die halt aufgrund der geografischen Situation nicht die Möglichkeit haben, in der Schweiz nicht insbesondere Wasserkraftwerke, zu haben oder urbane Regionen. Also das führt schon auf dieser Ebene zu zu starken Verzerrungen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 28:36] Und diese Schwelle, von der du gesprochen hast, die ja extrem hoch, also die ist bei 100.000 Kilowattstunden Stromverbrauch pro Jahr angesetzt und alles, was drunter ist, hat diese Lieferanten-Wahlfreiheit nicht. Zum Vergleich: Durchschnittshaushalt Österreich nimmt man immer diese 3500 Kilowattstunden. Also da ist man sehr, sehr...... im Endeffekt kann man sagen alle Haushalte und Gewerbebetriebe.
Karina Knaus [00: 29:03] Genau da fallen auch dann viele Gewerbe Unternehmen drunter und deswegen, also ich meine, ich kenne die Diskussionen in der Schweiz nicht im Detail, aber die wird dann wahrscheinlich dort auch auftauchen. Ob dann das hinnehmbar ist, dass es diese großen Unterschiede dann gibt, also regional bezogen, weil es immer mehr auseinanderklaffen wird.
Christian Furtwängler [00: 29:23] Genau, also ich habe eine Zahl gelesen, aber die war leider undatiert. Ich bin mir nicht ganz sicher, auf welches Jahr sie sich bezogen hat, ob es jetzt 2020, 2021 oder 2022 war. Das ist glaube ich 0,8 % aller Energieverbraucher. Nur am Großhandelsmärkten teilnehmen. Wenn man jetzt quasi, wenn man jeden einzelnen Haushalt quasi einzeln rechnet, dann kommt man da relativ schnell hin. Also das heißt, viele sind in diesem nicht liberalisierten Strommarkt und nur wenige große Verbraucher sind überhaupt im Großhandel tätig. Und dann muss man da auch ein bisschen noch mitbedenken - Die Schweizer haben ja auch durchaus ihre Probleme gehabt, in den letzten Jahren ihre Nachfrage zu decken und mussten sehr viel Strom zukaufen. Das heißt gerade auch für die Schweizer Unternehmen, die dann vielleicht im Großhandel teilnehmen, ist das vielleicht trotzdem eine eher ungünstige Entwicklung, die jetzt gerade stattfindet, weil Schweizer Versorgungsunternehmen tatsächlich im europäischen Ausland ja gerade zukaufen müssen zu sehr hohen Preisen. Obwohl die Schweiz selber eigentlich über eine sehr günstige Struktur verfügt. Die haben hauptsächlich Wasserkraft und Nuklear und nur wenige Gaskraftwerke, aber sie kaufen halt nicht unsignifikanten Teil ihres Energiebedarfs zu.
Christoph Dolna-Gruber [00: 30:42] Ja, ich meine, diese Großverbraucher, die im Großhandel teilnehmen, das sind dann natürlich oft Industriebetriebe. Und ich habe letztens eine Analyse gesehen, wonach die Industrie Strompreise in der Schweiz deutlich über jenen von Österreich und Deutschland zum Beispiel liegen. Die Schweiz ist ja auch nicht in diesem Prozess der Markt Kopplung integriert, über den wir zuerst gesprochen haben. Das heißt, die profitieren nicht dann im Zuge der Markt Kopplung von billigeren Preisen in Österreich, in Deutschland. Das ist was, das sie in den letzten Jahren schon immer ändern wollten. Das heißt, die wollten Teil dieses gemeinsamen europäischen Marktes werden, was ihnen bisher nicht gelungen ist. Was würde es heißen, wenn Österreich jetzt sagt: Wir setzen das Schweizer Modell um? Wäre das möglich?
Christian Furtwängler [00: 31:41] Also es wird sicherlich nicht schnell möglich. Das kann man, glaube ich, ziemlich sicher sagen. Und man müsste sich über viele Dinge Gedanken machen, die ausgehend vom aktuellen Design des Strommarktes die wie diese zu lösen wären. Also allein schon angefangen mit der Tatsache, dass man ja sehr, sehr viele Lieferanten in Österreich hat.
Christoph Dolna-Gruber [00: 32:01] Über 100, haben wir gehört.
Christoph Dolna-Gruber [00: 32:02] Genau. Und in der Schweiz ja dann jeder lokale Netzbetreiber, quasi der Lieferant ist, in Österreich aber keineswegs geographisch aufgeteilt ist, wer wo seine Kunden beliefert. Es gibt viele Anbieter, die auch, die auch in gesamt Österreich anbieten und also und es gibt viele Lieferanten, die dann quasi ein wenig heimatlos wären. Nach dieser Logik.
Karina Knaus [00: 32:29] Ich meine, das wäre für das Massen-Kundensegment eine komplette Rückabwicklung der Liberalisierung. Und wenn man jetzt sagt, es hat mehrere Jahre gebraucht, um das in die eine Richtung zu tun, dann kann man jetzt davon ausgehen, das, wenn man jetzt in die andere Richtung geht, auch wenn man sagt, es ist jetzt eine Krise und ...., und man ignoriert den europäischen Rechtsrahmen, von dem wir Teils sind, ....wenn wir alles ignorieren würde. Aber selbst einfach operativ das zu tun, also und das zu bestimmen, wer dann welche Kunden versorgt, zu welchen Preisen und wie man diese Kosten erhebt. Und so weiter. Das ist einfach ein Prozess, der nicht in zwei Monaten abwickeltbar ist - unmöglich.
Christoph Dolna-Gruber [00: 33:13] Weil es dadurch neue Akteure braucht, Organisationen, Menschen, die sich das überlegen, Menschen, die das dann auch regulieren. Wie wird das festgesetzt, üblicherweise in einem regulierten Endkunden Markt, wie hoch der Tarif? Wer überprüft das? Wie geht diese Kommission da vor?
Karina Knaus [00: 33:37] Na ja, also in der Schweiz, das hast du eh schon gesagt, da macht es die Elcom, ich nehme an, dass die dann die Kosten natürlich erheben, so wie wir seit jetzt im Netz Bereich letztendlich machen. Weil dann bist du wirklich bei den Kosten von einzelnen Kraftwerken sozusagen, mit entsprechendem Abschreibedauern und so weit. Das müsste man ja alles erst erheben und dann quasi kostenbasierte Tarife aus dem ausrechnen. Dann müsste man trotzdem irgendeine Verknüpfung oder irgendein System, wie man quasi noch Resteuropa bekommt. Das bräuchte es ja trotzdem, weil wir eben nicht in jeder Stunde des Jahres wahrscheinlich das durch unsere eigene Erzeugung decken könnten. Auch mit diesen Kosten muss irgendwas passieren. Wie gesagt, auch die gesamte Organisation wäre zu ändern. Und das also ja......
Christoph Dolna-Gruber [00: 34:32] Okay. Gut. Und zumal, wenn Österreich so ein System isoliert umsetzen würde, wäre das natürlich etwas, das aus dem gemeinsamen europäischen Markt ausbricht, wo man einen isolierten Vorstoß macht, sich im Endeffekt doch abschottet von den umliegenden Ländern, mit denen es bis dato über einen Austausch an Strom gegeben hat. Da stellt sich natürlich auch die Frage, ob das in einer Zeit, wo die europäische Solidarität, auch besonders für Österreich, höchst relevant ist, sinnvoll ist. Deswegen vielleicht doch lieber dieser gesamteuropäische Ansatz. Du hast zuerst den griechischen Vorschlag erwähnt. Worum geht es da?
Christian Furtwängler [00: 35:20] Genau, der griechische Vorschlag ist tatsächlich ein relativ junger Vorschlag. In der 2. Juli Hälfte der EU Kommission vorgelegt, in einem sogenannten Non Paper. Und der sagt im Prinzip, also der will quasi große Gewinne von günstigen Erzeugungskapazitäten verhindern. Und dazu schlägt dieser Vorschlag vor, dass man die bisherige Merit Order in zwei Teile aufschneidet, das heißt alle Grenzkosten technisch günstigen Technologien, insbesondere Erneuerbare und Kernkraftwerke quasi, und auch die Grundlast, die aus dem Must-Run von KWK-Anlagen besteht, zum Beispiel rauszunehmen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 36:05] Die Grundlast von Must-Run KWK Anlagen. Was bedeutet das?
Christian Furtwängler [00: 36:09] Genau, das bedeutet, es gibt gerade in dem Winterhalbjahr eine feste Wärme Nachfrage, die bedient werden muss von Wärme Netz Lieferanten und die wird dann häufig durch KWK Anlagen bedient. Also auch in den größeren Städten von Österreich ist das so, das sind häufig Gas KWK Anlagen und diese Kraftwerke müssen dementsprechend auch laufen und an sein und dementsprechend sind die bereit auch zu jedem Strompreis zu laufen. Und nicht nur zu einem, der im Gaspreis zum Beispiel entspricht, eben, weil sie die Verpflichtung anderweitig haben. Und die müssen die Kosten anderweitig irgendwie wieder reinholen. Zum Beispiel über den Fernwärme Preis. Und dieser Teil ist quasi ein Sockel, der auf jeden Fall geboten wird zu niedrigen Preisen in den Markt und der dann dementsprechend auch zu den Grenzkostengünstigen Technologien gezählt werden muss.
Christoph Dolna-Gruber [00: 37:07] Okay.
Christian Furtwängler [00: 37:08] Genau. Und alles, was darüber hinausgeht. Also nehmen wir an eine KWK Anlage kann mit 50 % ihres elektrischen Outputs schon diese Wärme Nachfrage bedienen. Die anderen 50 % könnte sie dann quasi in dem höheren Segment bieten.
Christoph Dolna-Gruber [00: 37:22] Im zweiten Teil der Merit Order?
Christian Furtwängler [00: 37:23] Genau, also so ist das Konzept zu verstehen, in diesem Moment. Genau in diesem zweiten Teil der Merti Order, da werden dann die fossilen Kraftwerke, die gerade teuer sind, aber auch Speicher sollen dort dann aktiv sein. Und der Grundgedanke ist, dass man diesen günstigen Teil der Merit Order quasi dann eben nicht mehr mit gesamt Marktpreisen belohnt, wie im Pay as Clear System, sondern eher Vollkosten basiert abrechnet. Das heißt quasi nur die Kosten erstattet, die dieses Kraftwerk hat, die marginal sehr gering sind, aber in der Investition dann höher sind. Also dass man quasi nur nur sicherstellt, dass die sich langfristig rentieren, aber nicht, dass die einen großen Gewinn einfahren. Aber dann hätte man quasi diesen günstigen Teil der Merit Order Kosten fixiert und müsste den einen niedrigeren Preis im Prinzip zahlen. Und der zweite Teil des Preises, der würde sich dann eben im klassischen Merit Order System mit den teureren Kraftwerken ergeben. Wobei dann natürlich ein paar Zusatz Probleme auftreten, nämlich was passiert, wenn die Last so niedrig ist, dass allein schon der erste Teil der Merit Order schon mehr als ausreicht, um die Nachfrage zu decken? Welches Kraftwerk fährt dann runter? Das ist zum Beispiel nicht eindeutig definiert diesem griechischen Modell. Genau. Aber immer wenn genug Nachfrage da ist, dann würde quasi dieser zweite Teil der Merit Order mit Abzug einer Art Residual Last quasi den Preis setzen für die für die zweiten Teil und dann würde ein Volumen gewichtet der Mittelwert berechnet werden zwischen diesem regulierten ersten Teil der Merit Order und dem klassischen Merit Order Teil und den Preis, der da nach Pay as Clear entsteht. Das heißt die Kunden, Endkunden Preise, die sind deutlich vergünstigt.
Karina Knaus [00: 39:19] Oder eigentlich die Großhandlespreis-Ergebnisse
Christian Furtwängler [00: 39:23] Genau
Karina Knaus [00: 39:23] Also wenn ich jetzt sage, ich habe hier 4000 MW die nach einem kostenreguliert Ansatz eben, ich weiß nicht was, so 70 € kosten. Und dann habe halt nur 3000 MW die aber € 500 kosten, weil sie aus dem Merit Order System kommen. Dann, wenn ich das Mengegewichte, komme ich da natürlich auf einen niedrigeren Preisen, als wenn ich jetzt nur noch den Merit Order gehe.
Christoph Dolna-Gruber [00: 39:47] Dieser dieser erste Teil der Merit Order, diese Vollkosten basiert Kostenersatz im Endeffekt, dann - kann man das dann vergleichen mit administrativ festgesetzten Einspeisetarifen?
Karina Knaus [00: 40:01] Eigentlich soweit ich den Vorschlag verstanden habe, ist es eine Art Markt Prämienmodell eigentlich. Wobei dieser Teil, das Paper ist ja nicht solange, da sind einfach viele Dinge, die eigentlich unklar sind. Aber wenn man dieses contract for difference Element, das sie drin haben, würde ich so interpretieren, dass es eine Art Marktprämiensystem ist. Nur halt nicht nur für Wind und PV, sondern für alle, die halt keine Brennstoffkosten haben.
Christoph Dolna-Gruber [00: 40:28] Außer die must run KWK.
Karina Knaus [00: 40:30] Genau und nur bei Markt Prämie ist es so, dass wenn du teurer bist, dann kriegst du die Differenz. Aber wenn der Marktpreis höher bist, musst du nichts zurückzahlen ins System, also da zahlst du auch nichts an die ÖMAG dann. Und beim Contract for Differenz, wäre es symmetrisch sozusagen. Also die müssten dann einzahlen, wenn sie billiger sind als der Marktpreis.
Christoph Dolna-Gruber [00: 40:57] Da ist dann die Frage, was der Marktpreis ist?
Karina Knaus [00: 40:58] Ja, das ist dieses Element, das ich tatsächlich noch nicht verstanden habe in diesem zweistufigen Verfahren, ich weiß nicht ob du das aus dem herausgelesen hast, wie dieses Zusammenspiel zwischen diesem Contract for Differenz und diesem Geld das dort reinkommt und dem Gesamtsystem ist?
Christian Furtwängler [00: 41:15] Nein, tatsächlich ist das was ich da raten kann, wahrscheinlich genauso gut wie das, was du da raten kannst. Also das ist auch nicht sauber beschrieben in diesem Vorschlag tatsächlich. Und das ist auch einer der größten Kritikpunkte, der von verschiedenen Energiemarkt Analysten auch vorgebracht wird, dass man es noch nicht richtig greifen kann aufgrund dieser drei Seiten, die da veröffentlicht wurden.
Christoph Dolna-Gruber [00: 41:36] Okay. Ja, aber es wird sicher noch heftiger diskutiert werden. Wie auch andere Vorschläge des gibt. Gibt es noch irgendwelche, die du da erwähnen wolltest? Ein Großhandelsmärkten.
Christian Furtwängler [00: 41:48] Also eine Diskussion, die häufiger mal durch den durch den Markt geistert ist es ja die Änderung von Pay as Clear zu einem anderen Zuschlags System. Und da gibt es eigentlich nur eins das wirklich bekannt ist und das ist Pay as Bid. Das heißt nicht das einheitspreis verfahren, sondern das gebots preis verfahren auf deutsch. Das unterscheidet sich in folgender Art und Weise vom Einheitspreis verfahren, dass nicht das höchste bezuschlagte Gebot den Preis setzt, sondern dass jeder genau den Preis erhält, den er auch geboten hat. Das bedeutet, man gibt einen nicht, man gibt ein Gebot ab für eine Menge oder einen Preis wie zuvor. Aber dieser Menge und dieser Preis ist genau das, was man kriegen würde, wenn man mit Zuschlag wird. Und das klingt im ersten Moment total toll, weil alle natürlich die bisherige Form der Merit Order dann vor ihrem geistigen Auge haben und sagen: Ja gut, dann kriegt ja ein Wasserkraftwerk nicht mehr so viel Geld, dann wird doch die Stromrechnung für alle günstiger am Ende. Das Problem ist, dass man in einem solchen Marktsystem nicht von einem gleichen Verhalten ausgehen darf, wie es jetzt bei Pay as Clear der Fall ist. Also da ist klar davon auszugehen, dass natürlich in diesen Geboten dann auch schon der Gewinn Aufschlag des jeweiligen Produzenten mit drin ist. Das heißt die würden versuchen ihren Gewinn weiterhin zu maximieren und das würden sie tun, indem sie nicht mehr ihre Grenzkosten bieten. Was bei Pay as Clear eine dominante Strategie ist, weil man immer quasi gezogen werden will, wenn man günstiger ist als der Marktpreis, sondern man würde halt versuchen zu erraten, welches denn jetzt gerade das teuerste Kraftwerk sein könnte, das noch bezuschlag wird und versucht dann da ein bisschen drunter zu liegen. Einfach so mit einer gewissen Sicherheitsmarge dann möglichst nah dran zu liegen. Das heißt....
Christoph Dolna-Gruber [00: 43:36] Das heißt, man würde sich anschauen, ein Modell entwickeln, wie viel wird am nächsten Tag verbraucht? Wie schaut´s aus mit dem Erzeugungs Portfolio? Welcher Preis ist zu erwarten? Und bisschen was unter diesem Preis bietet man dann auch.
Karina Knaus [00: 43:53] Genau, und man hat ja aufgrund der Transparenz Daten - ich kenne sogar die nicht Verfügbarkeit im System - das heißt man hat eine relativ gute Vorstellung?
Christian Furtwängler [00: 44:02] Genau, man könnte das wahrscheinlich relativ schnell relativ gut bieten als Energie Marktteilnehmer. Also da bräuchte man wahrscheinlich nicht viele Testläufe. Und dann gibt es natürlich in diesem System dann auch verschiedene Ansichten, wie sich so was langfristig entwickelt. Also man redet ja im Energiemarkt immer noch über eine begrenzte Anzahl von Marktteilnehmern. Und in der Spieltheorie gilt eigentlich immer wenn es eine begrenzte Anzahl an Marktteilnehmern gibt, dann müssen sie sich gar nicht aktiv absprechen. Langfristig setzen sich dann teurere Preise durch, weil halt jeder mal ein bisschen drüber geboten hat. Jeder auch ein bisschen Risikoabschlag noch drauf rechnet, falls er dann doch nicht gezogen wird. Und dann bewegt sich der Preis kontinuierlich, Marktpreistechnisch nach oben. Das heißt, langfristig gibt es zumindest einen Teil der Theorie, der dann sagt, es könnte sogar teurer werden mit einem Pay as Bid System.
Karina Knaus [00: 44:54] Tassid Kollusion oder stillschweigende Absprachen. Also sich wiederkehrende Auktionen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 44:59] Wie ergibt sich dann der Strompreis für jede Preis Zone in diesem System?
Christian Furtwängler [00: 45:04] Das wäre dann in der Tat der Volumengewichtete Mittelwert über alle, die da bezuschlagt wurden.
Christoph Dolna-Gruber [00: 45:10] Okay. Ja, passt.
Karina Knaus [00: 45:14] Also eben, das muss man glaube ich nochmal machen. Wird das halt vermischt, wäre man jetzt in einem regulierten System wie in der Schweiz, dann ist es natürlich nicht uniform pricing oder Einheit, sondern dann ist natürlich nach Kosten quasi. Aber wenn man jetzt rein vergleicht, ist es am Marktsystem mit einer Auktion, dann ist es spieltheoretisch eben die Effekte, die auftreten, die Chistian gerade beschrieben hatte. Also das muss man differenzieren. Es würde natürlich niemand vorschlagen, dass mit einem voll regulierten System ein Einheitspreis-System macht, das wäre Quatsch. Also, um das noch mal klar zu sagen, weil das verschwimmt dann trotzdem oft in der Diskussion.
Christoph Dolna-Gruber [00: 45:52] Wenn man in einem regulierten System ist, braucht es aber natürlich auch den Apparat dahinter, um das umzusetzen, sprich...
Karina Knaus [00: 46:02] genau, das ist ja nur eine Kostenregulierung.
Christoph Dolna-Gruber [00: 46:03] Ja, genau. Gut, das ist jetzt der Großhandel und ich würde sagen, wir schließen das mal ab. Die Diskussionen werden sicher weitergehen, sinnvollerweise auf europäischer Ebene weitergehen. Was aber schon auch national natürlich umsetzbar ist, sind Interventionen im Endkunden / Endkundinnenmarkt. Karina, was sind da die Optionen?
Karina Knaus [00: 46:30] Ja, auch im Endkundenmärkte gibt es natürlich unterschiedliche Modelle oder Optionen, die jetzt auch diskutiert werden. Wir versuchen das auch immer zu klassifizieren, weil auch da wird dann viel von der Nomenklatur sozusagen her, vermischt. Also alleine was unter Preisdeckel verstanden wird, das divergiert also massiv. Je nachdem, welche Betrachtungsweise. Ich würde mal grundsätzlich ein bissel unterscheiden zwischen Modellen, die eher weniger komplex einfacher schnelle umzusetzen sind, und Modelle, die halt wirklich umfassender sind und einhergehen mit einer kompletten Markt Umgestaltung. Also eben regulierte Preise zum Beispiel oder Kostenregulierung. Das wäre das eine Extrem, was wirklich wieder alles umändern würde, was ja am einen Ende und am anderen Ende, was quasi einfach ..... Irgendwelche Zuschussemodelle oder Lumpsums, wo ich halt Haushalten oder Unternehmen einfach Geld transformiere sozusagen. Und dazwischen gibt es die unterschiedlichsten Ausgestaltungensvarianten. Beispielsweise ein Modell, das vielfach jetzt diskutiert wurde, ausgehend von Deutschland ist ein gewisser Grundbedarf sozusagen. Das man für eine gewisse Menge an Strom oder Gas oder Energie eben einen niedrigeren Preis bezahlt und dann über diesen Grundbedarf hinaus einen höheren Preise. Aber auch da, wie gesagt, ist dann immer die Frage reden wir hier wirklich von regulierten Preisen oder reden wir eigentlich von Förderungen sozusagen, also wie es jetzt die Umsetzung in Niederösterreich oder der geplante Rabatt sozusagen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 48:23] Der Strompreisrabatt.
Karina Knaus [00: 48:25] ...genau das ist ein Zuschuss, sozusagen eine Förderung, das halt auf Antrag ausbezahlt wird, was jetzt eben auch was anderes ist
Christoph Dolna-Gruber [00: 48:33] Das ist auch eine Lumpsum, wie du vorhin gesagt hast...
Karina Knaus [00: 48:35] Genau. Also dass das dann halt die zwei Ausprägungen, die man dann unterscheiden kann quasi. Es unterscheidet sich quasi der Fördertarif zwischen den Haushalten oder Haushaltstypen und unterscheidet sich die Menge. Und in Niederösterreich, ist es ZB so, dass der Preis oder der Fördertarif der ist für alle Haushalte eigentlich gleich. Ich glaube es sind 0,11 € pro kWh, während die Menge dort die unterscheidet sich zwischen den Haushalten je nach Personen Anzahl im Hauptwohnsitz. Also das ist gestaffelt 1, 2, 3, 4, 5 und dann glaube ich, jede weitere Person.
Christoph Dolna-Gruber [00: 49:12] Das heißt ein Haushalt in dem drei Personen leben, der bekommt dann mehr Rabatt als ein Single Haushalt, wo nur eine Person wohnt? Unabhängig vom Stromverbrauch
Karina Knaus [00: 49:27] Genau, dort ist es wirklich auf Personenanzahl. Man könnte jetzt rein ökonomisch, theoretisch könnte man auch sagen der Energiekosten-Ausgleich ist quasi 1000 kWh mit 0,10 €, also da komme ich auch auf 150 €. Aber da ist es nicht differenziert, der Hauptwohnsitz. Also und so ist die Komplexität sozusagen nimmt halt massiv zu, je granulierter man halt diese Unterstützungs-Systeme strickt, wiewohl die Unterschiede sozusagen natürlich auch Österreichweit da sind. Wir haben es ja schon zu Beginn, oder wahrscheinlich ist das dan Teil 1 der Folge, besprochen, dass die Tarife sozusagen für Endkunden sehr unterschiedlich sind. Also von 70 bis 30 oder maximal 0,70 € pro kWh ist alles dabei, auch die Verbrauchsmengen, auch die unterscheiden sich natürlich stark zwischen den Haushalten. Also wenn man jetzt nur die Statistik anschaut zwischen einem durchschnittlichen Haushalt in Wien 2800 kWh Jahresverbrauch, in Salzburg sind wir bei 5000 kWh und das ist jetzt aber noch ohne irgendeiner Differenzierung nach Haushalts größe. Noch habe ich eine Wärmepumpe, aber das sind wirklich nur mal die Durchschnitt. Also alleine schon da sind halt die Unterschiede sehr sehr groß. Das heißt so ein Modell irgendwo zu machen, dass berücksichtigt oder halt da über das drüber zu legen, das ist tatsächlich nicht so einfach, wie man es vermuten möchte, wenn man das Wort Preisdeckel sozusagen hört.
Christoph Dolna-Gruber [00: 51:07] Weil ein Preisdeckel beim einen Kunden heißen würde, dass er gar nichts mehr für seinen Strom zahlt und beim anderen, dass er tatsächlich eine Entlastung bekäme, je nachdem, wo der aktuelle Tarif dann ist.
Karina Knaus [00: 51:21] Genau, wenn es ein Fördersysteme ist sozusagen wie jetzt in Niederösterreich, dann hätte das einfach, wenn man das ausrollt, sehr unterschiedliche Effekte, weil halt die Preise unterschiedlich sein und weil die Mengen, die ein Haushalt verbraucht, einfach sehr sehr unterschiedlich sind.
Christoph Dolna-Gruber [00: 51:36] Das heißt, wenn man ein Tarif hat, der unter 0,11 € liegt, dann....
Karina Knaus [00: 51:42] ...und die gibt es noch in Österreich, ja....
Christoph Dolna-Gruber [00: 51:44] ...und nicht mehr verbraucht als die Deckel Menge, dann zahlt man nichts für seinen Strom.
Karina Knaus [00: 51:51] De facto ja. Also nicht für den Energieanteil, nur Netz.
Christoph Dolna-Gruber [00: 51:56] Nicht für den Energieanteil, Netzkosten bleiben gleich. Was ja schon passiert ist in Österreich ist, dass die Elektrizitätsabgabe reduziert wurde und zwar auf das europäisch vorgeschriebene Mindestmaß. Das heißt, das ist schon eine, eine Maßnahme, eine Intervention, die man gemacht hat, um Preise zu dämpfen. Marktbedingt sind auch die Ökostrom Kosten auf null gesetzt worden.
Karina Knaus [00: 52:21] Genau zur Gänze gefallen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 52:23] Es sind auch die Pauschalen ausgesetzt worden.
Karina Knaus [00: 52:25] Ja, es waren so circa 100 €. Ja, aber wie gesagt 100 € pro Jahreskosten. Aber natürlich, wenn man jetzt die, die Preissteigerungen anschaut, die jetzt angekündigt worden sein oder in die Zukunft schaut, Jahreswechsel oder erstes Quartal nächstes Jahr, dann sind natürlich diese 100 € im Verhältnis dann für viele Kunden und Kundinnen dann halt vernachlässigbar. Also für die Vergangenheit quasi hat die Steigerung bei Bestandsverträgen schon kompensiert. Aber wie gesagt, wenn man jetzt an die Zukunft denkt und an die Großhandels-Preisentwicklungen, dann muss man da auch mit weiteren Preissteigerungen, so sie nicht schon angekündigt wurden, rechnen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 53:09] Das heißt, es ist absehbar, dass es auf jeden Fall mehr braucht, mehr brauchen wird und wie ich da raus höre gibt es da auch einen Trade-off zwischen Treffsicherheit und Einfachheit der Durchführung. Und da gilt es halt auch einen Mittelweg zu finden oder zu schauen, je nachdem was natürlich einfacher durchführbar ist, kann schneller wirken, was aufwändiger ist, komplizierter, treffsicherer ist, wird länger dauern, bis es tatsächlich umgesetzt wird.
Karina Knaus [00: 53:40] Genau ja, und das sind ja oft Details, die man vielleicht, wenn man nicht im Energiesystem so drinnen ist, da gar nicht im Kopf hat, weil beispielsweise....Wir wollen ja auch Energiesparen beanreizen. Also ein quasi komplett regulierter Preis, ich meine, da könnte man sagen, wir verschenken die Energie, aber das ist in einem verknappten System natürlich wäre das Wahnsinn.
Christoph Dolna-Gruber [00: 54:00] Und wir haben gehört, es gibt die Knappheiten sowohl bei Strom als auch bei Gas. Und es kann sein, dass diese Knappheiten bei Gas noch verschärft werden.
Karina Knaus [00: 54:09] Auch bei Strom im Winter. Aber ein Punkt, der oft eingebracht wird: na gut, dann stellt man auf Vorjahres Verbräuche ab und sagt, also wenn der Haushalt weniger verbraucht als im Vorjahr oder in den Jahren davor, dann bekommt der irgendeinen Zuschuss, eine Gutschrift oder bezahlt weniger. Also man bezahlt für weniger verbrauchen.
Christoph Dolna-Gruber [00: 54:28] Was ja super ist, weil es ein Energiespar-Anreiz ist.
Karina Knaus [00: 54:32] Genau, es ist in der Theorie eine tolle Idee, die wir eigentlich auch schon intern, wenn du dich erinnerst kannst, in unsren Jour Fixen schon lange diskutieren, aber eben diskutieren, weils regelmäßig...
Christoph Dolna-Gruber [00: 54:43] Energiesparbonus.
Karina Knaus [00: 54:43] Genau, was regelmäßig zu Streit führt, weil halt eines der Hauptprobleme sozusagen ist es gibt halt in der Energiewelt gibt es eigentlich eine Nummer sozusagen, die zählt und das ist die Zählpunkt ID. Ich vergleiche das immer , das ist wie der IBAN bei der Bank, oder so. Ich meine, ich kann mich bei der Bank den Namen vertippsen, ich kann eine falsche Adresse angeben, aber wenn der IBAN richtig ist, dann kommt das Geld dort an, wo es hinsoll. Und genauso ist es im Energiebereich. Die Zählpunkt ID, ist letztendlich das, was zählt, was für Rechnungen relevant ist.
Christoph Dolna-Gruber [00: 55:17] Kann man sagen, dass jeder Zähler, den man sieht zu Hause so eine Zählpunkt ID hat?
Karina Knaus [00: 55:22] Ja de facto. Also wenn es ein Netzbetreiber Zähler ist, es gibt ja auch so Subzähler und solche Dinge, aber quasi das vom Betreiber ist die Zählpunkt ID und es ist aber im Unterschied zum IBAN sozusagen nimmt man die nicht mit. Also sprich, wenn ich jetzt umgezogen bin, dann gibt es keinen vorher Jahresverbrauch, weil auf diesem Zählpunkt oder Zählpunkt ID, einfach jemand anders ist, wenn ich ein Kind bekommen habe, wenn jemand ein-/ausgezogen ist, wenn sich irgendwas geändert hat....
Christoph Dolna-Gruber [00: 55:50] Mein Vater hat jetzt eine Wärmepumpe installiert, er braucht heuer sicher mehr Strom als im letzten Jahr.
Karina Knaus [00: 55:56] Hat er einen eigenen Zähler dafür?
Christoph Dolna-Gruber [00: 55:57] Nein.
Karina Knaus [00: 55:59] Dann hast du schon das Problem. Also es ist alles, was hinter diesem Zählpunkt passiert, letztendlich geht dem Lieferanten und der Netzbetreiber nichts an und ja eigentlich aus gutem Grund. Ich meine, welche Leute dort wohnen oder wann die geboren sind oder what ever, ich meine das ist ja Datenschutzthema am Ende des Tages. Und einfach nicht abrechnungsrelevant und deshalb ist beispielsweise eben das abstellen auf einem Vorjahres-Verbrauch, was man eigentlich nur auf Basis der Zählpunkt ID machen kann, für viele viele Haushalte einfach falsch. Weil es gibt hunderttausende Geburten, es gibt viele Umzüge im Jahr und all das wäre nicht abbildbar. Also das ist schon mal was, was eigentlich so nicht umsetzbar ist. Und das gilt für viele andere Dinge, wenn man sich die durchdenkt in der tatsächlichen Umsetzung, dass das nicht so einfach ist, wie man es vielleicht teilweise auf Twitter schnell hinschreibt oder so.
Christoph Dolna-Gruber [00: 56:55] Ja. Ich kenne diese Diskussion.
Karina Knaus [00: 56:58] Du kennst es besser als ich. Ich habe mich das schon ein bisschen ausgeklinkt, aber ja.
Christoph Dolna-Gruber [00: 57:02] Aber das heißt, ein Energielieferant weiß im Endeffekt auch nicht, wie viele Leute da dahinter wohnen. Ein Zuschuss kann zum Beispiel dann schwer nach Kopf beispielsweise einfach abgerechnet oder ausgezahlt werden, auf die Stromrechnung angesetzt werden, weil der Lieferant das nicht weiß.
Karina Knaus [00: 57:24] Genau, das sind zwei unterschiedliche Datenbanken, wenn man das ZMR hernimmt, das zentrale Melderegister, dort gibt es die ZMR Zahl, die jeder von uns hat. Das ist was Individualisiertes. Und die müsste man eigentlich irgendwie zum Zählpunkt ID verknüpfen. In Niederösterreich ist es das Antragssystem, da muss man Geburtsdatum beispielsweise angeben, um das Matching zu erleichtern. Aber wie gesagt, alles was man eingeben muss, ist wieder fehleranfällig. Und wenn man jetzt beim Antragssystem jetzt sagt: 10 % Fehler gibt es bei über 4 Millionen Haushalts Zählpunkten, ist 10 % natürlich eine nicht kleine Fehlerquelle. Und dann noch von den ganzen komplexen Fällen - mit es gibt Haushalte mit mehreren Zählpunkten. Und das alles, also das wird sehr schnell so komplex, dass man irgendwo anders jetzt Kopfschmerzen kriegt und andererseits wie gesagt, dass einfach gut überlegen muss, was halt in welchem Zeitrahmen machbar ist. Realistischerweise reden wir da sowohl im Großhandel als auch im Endkunden-Bereich von einem mehrstufigen Prozesse. Also es gibt Dinge....
Christoph Dolna-Gruber [00: 58:37] Das heißt erste Stufe, eine schnelle Hilfe, die wenig treffsicher ist, aber dafür schnell umsetzbar.
Karina Knaus [00: 58:49] Genau. So sehen das es da jetzt letztendlich auch um das nächste halbe Jahr geh und schauen muss wie man mit diesen Kostensteigerungen umgeht und dann aber wird es die Debatten und gibt es ja schon, zum Marktdesign oder was für strukturelle Maßnahmen man dann vielleicht noch braucht zusätzlich. Ja, die gibt es genauso und das soll auch so sein. Wie gesagt, es ist ein Fall von Marktversagen und das nur, wie gesagt, ich glaube man muss da bissl die Erwartungshaltung, dass diese Systeme sich über Nacht ändern lassen, schon a bissl sozusagen einbremsen, weil letztendlich ist es ja auch ein Versorgungssicherheitsthema. Also wenn unsere Auktion, unsere Tagesauktion im Strombereich nicht funktioniert, die Kapazitäts-Berechnungen zwischen den Ländern plötzlich nicht mehr funktioniert, ich meine dann sind wir wirklich - und ich mag dieses Wort nicht, weil es wird wirklich überstrapaziert - aber dann bis zu in einem Blackout-Ding. Won demher gibt es einen Grund, warum Änderungen am System oft lange Vorlaufzeiten haben, weil da gibt es sogenannte Shadow Runs, die Jahre oder Monate vorher immer passieren, bevor man...
Christoph Dolna-Gruber [01: 00:01] Sprich, man spielt das ganze System in einem Modell durch und versucht die Realität möglichst gut abzubilden. Schaut, welche Effekte das hat.
Karina Knaus [01: 00:09] Genau. Also die letzte Änderung war,... also Floor based Core Erweiterung,...das ist seitJahre in the making. Und jetzt ist halt im Juni operativ geworden, aber das war ein mehrjähriger Prozess.
Christoph Dolna-Gruber [01: 00:23] Was natürlich auch einer der Vorwürfe ist, dass das System schon so komplex ist, dass es vielleicht an der einen Stelle auch schon intransparent ist und nicht nachvollziehbar ist. Das haben wir ja auch schon aufgezeigt in dem einen oder anderen Projekt, dass das ein Thema und ein Problem ist. Ja, nochmal ein,...es war schon eigentlich ein perfektes Schlusswort, dass man bei diesen ganzen Interventionen nicht die Erwartung haben darf, dass das schnell geht. Dass man, wenn man eine gewisse Treffsicherheit will, halt auch erst Datenbanken-Systeme schaffen muss, um das abwickeln zu können. Dass die Ideen dann oft besser klingen, als sie leider in der Realität umsetzbar sind. Die Mühen der Ebenen, die da zuschlagen sicher auch der Faktor, dass es oftmals um die Daten-Grundlagen bzw deren Vernetzung nicht gut bestellt ist. Vielleicht noch ein Punkt, weil wir den auch schon angesprochen haben: die Wirkung auf die Inflation dieser Maßnahmen. Was ist da aus deiner Sicht relevant, Karina?
Karina Knaus [01: 01:36] Genau, das wären die zwei Punkte, die man zu diesem mehrstufigen noch noch ergänzen sollte ist, das eine, welche Maßnahme man auch immer ergreift, sie sollten einfach möglichst inflationsdämpfend wirken. Also alles was in der jetzigen Situation noch zur Inflation beiträgt, ist grundsätzlich keine gute Idee. Überwiegend sind es dann Maßnahmen, die irgendwo schon auf der Rechnung auftauchen. Da gibt es statistische Leitlinien, wie letztendlich die Inflation zu berechnen ist. Das heißt, das ist wirklich ganz zentral, dass diese inflationsdämpfende Wirkung da ist. Und der zweite Punkt natürlich auch...
Christoph Dolna-Gruber [01: 02:19] Das heißt, dass tatsächlich dann auch die Energiepreise reduziert werden. Was dann beim Gutschein oder einer Überweisung einer größeren Summe....?
Karina Knaus [01: 02:29] Genau. Es gibt halt da wie gesagt was jetzt die Berechnung, da sind wir wieder bei den Daten, es gibt eine gewissen Graubereiche. Es gibt Dinge, da kann man definitiv sagen, dass sie nicht inflationsdämpfend sind und dann gibt es welche die sicher sind und dazwischen, glaube ich, ist halt auch das für die Statistiker bissl Neuland, dass man sich alle möglichen Modelle überlegen muss, wie die wirken würden auf den Warenkorb. Aber das sollte jedenfalls eine Prämisse sein. Und das zweite ist natürlich das Thema Energiesparen. Also man könnte immer sagen, man macht unendliche Subventionen und man setzt Energiepreise beliebig billig. Aber trotzdem, wir sind in einer sehr verknappten Situation an den Energiemärkten. Das betrifft alle Energieträger. Das heißt, dieses Signal muss zumindest über gewisse Grundverbräuche hinaus irgendwo erhalten bleiben, um zu signalisieren, ja, es ist knapp und eine quasi künstliche Erhöhung dann der Nachfrage, das ist wirklich das Letzte, was wir jetzt brauchen können. Und wie gesagt, was die Implementation betrifft, da würde ich für mehr Realismus teilweise in der Debatte plädieren, was halt machbar ist und das wirklich ist mehrstufigen Prozess zu sehen, wo man sagt, eben jetzt gilt es immer kurzfristig zu entlasten und zu akzeptieren, dass das keine perfekte Lösung sein wird. Und dann sich aber für den Rest ein bissl auch die Zeit zu nehmen, zu denken und zu überlegen, was das bedeutet, wenn man da jetzt wirklich an den Strukturen komplett dreht, weil die Wahrscheinlichkeit eben, dass das dann ein System für Jahre ist, die ist relativ groß, also diese Zeit auch den Experten Experten zu geben, weil ja, die Silverbullet gibt es nicht. Das heiß da ist noch Denkarbeit zu tun und ich glaube, das sollte man sich Zeit nehmen, jetzt nicht komplette Schnellschüsse zu machen, ohne das bis ans Ende durchgedacht zu haben, was das eigentlich bedeutet für das Energiesystem.
Christoph Dolna-Gruber [01: 04:30] Das heißt, zuerst packen wir die Schmerztablette aus und dann kümmern wir uns abseits der Symptombekämpfung um die tatsächliche Therapie.
Karina Knaus [01: 04:43] Genau so könnte man sagen, ja.
Christoph Dolna-Gruber [01: 04:46] Wunderbar. Vielen Dank. Zwei sehr prall gefüllte Stunden, die wir da jetzt hinter uns haben, die wir aufteilen werden. Wahrscheinlich in zwei verdaubarere Einheiten. Vielen Dank, Karina. Vielen Dank, Christian. Super wertvolle Erklärungen, Einblicke, Einordnungen. Danke euch. Danke fürs Kommen.
Karina Knaus [01: 05:11] Danke, Christoph, für die Moderation.
Christian Furtwängler [01: 05:13] Ja, vielen, vielen Dank. Es war mir eine große Freude.
Christoph Dolna-Gruber [01: 05:16] Ich hoffe, wir hören einander bald wieder. Vielen Dank auch an die Hörer und Hörerinnen. Das war's mit Petajoule, dem Podcast der Österreichischen Energieagentur. ....und eine Sache habe ich noch vergessen. Ist egal. Wurscht. Dass die hohen Preise halt auch eine starke Wirkung, einen Anreiz haben für erneuerbaren Ausbau.
Karina Knaus [01: 05:50] Das habe wir aber - ich hab es einmal erwähnt.
Christoph Dolna-Gruber [01: 05:52] Okay super, passt.